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Atelier: Karin Angerer
Innsbrucker Bundesstr. 53
5020 Salzburg
+43/664/1667767

 

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Hier finden Sie ausgewählte Arbeiten, Here you will find selected artworks.
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private art box


KarinA. - (Karin Angerer)   KarinA. - (Karin Angerer)   KarinA. - (Karin Angerer)   KarinA. - (Karin Angerer)

KarinA. - (Karin Angerer)   KarinA. - (Karin Angerer)   KarinA. - (Karin Angerer)   KarinA. - (Karin Angerer)

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KarinA. - (Karin Angerer)   KarinA. - (Karin Angerer)

 

Katalog:
Karin Angerer
private art box
Naumann Beck | Verlag für kluge Texte

KarinA. - (Karin Angerer)

Text: Mathias Beck

„Auf einem Kongress hat ein Dreißigjähriger zu mir gesagt:
'Muss ein Siebzigjähriger wirklich noch Viagra nehmen?
Der hat doch schon genug schöne Sachen mitgemacht.'
Ich habe geantwortet: 'Okay, gehen Sie zu Ihrem Großvater und sagen Sie ihm:
Du brauchst keine Brille mehr, du hast schon genug gesehen.'“     Oswalt Kolle

Das Projekt Private Art Box umfasst 27 außen bemalte und innen mit szenisch
arrangierten Figürchen bestückte Holzboxen verschiedener Größe, die Karin
Angerer seit Herbst 2022 erarbeitet. Das Projekt ist jetzt im Sommer fertiggestellt.
Hier im Katalog sind 22 dieser Boxen aufgeführt.

Die Boxen selbst sind Fundstücke. Der Großvater der Künstlerin hat als begeisterter
und peinlich akkurater Fotograf nach jeder ausgedehnten Reise ein eigenes
Kästchen aus Sperrholz für die auf dieser Reise entstandenen Diapositive gebaut.
Höhe und Breite ergab sich dabei aus der Anzahl der zu archivierenden Diapositive,
die Tiefe blieb naheliegend stets gleich.

Ohne die Beziehung zum Großvater näher zu schildern und ohne Hintergründe
zu erläutern, spricht Angerer doch davon, dass Private Art Box
„von persönlichen Erlebnissen geprägt“ sei.
Die Arbeit an den Private Art Boxes ist also eine an der Familiengeschichte,
nicht objektiv, historisch, auf Kongruenz bedacht, sondern subjektiv, situativ,
wie Inseln im Meer gemeint.
Es ist vor allem und zuerst Erinnerungsarbeit, die in den Front- oder
Titelmotiven empathisch begegnet, vielleicht zurück sinnt. Ein Epitaph
im Gedenken an den fotografierenden Großvater.

Auch das von Angerer gestaltete Innenleben gehört zur Gedächtnis-,
zur Erinnerungsarbeit. Mit Figürchen, die sie auf den innenliegenden Regalen
der Boxen zu szenischen Ereignissen arrangiert, erzählt sie – wohl weniger
vom Leben des Großvaters als vielmehr vom Leben heute und allgemein.
Das zuweilen Frivole in den Arrangements ist durchaus keine Kritik an
irgendwelchen Umständen oder Defekten unserer Zeit, sondern verweist darauf,
dass wir Menschen eben nicht bloß zivilisiert und reflektierend sind,
sondern auch kreatürlich, wollend und auslebend.

Oswald Bumke hat sinngemäß formuliert, dass junge Menschen das Vergehen
und Sterben für eine „schlechte Angewohnheit der alten Leute“ halten,
die sie nichts anginge. Ich glaube, dass bei der Künstlerin im besten Alter
genügend Vanitas in Private Art Box steckt. Vorausschauend auf die eigene
Endlichkeit, werfen wir einen scharfen, präzisen Blick zurück, der das,
was war im Leben, nicht verbrämt, sondern als das sieht, was es war und ist.
Die Gewissheit um die Unerbittlichkeit des eigenen Todes macht selbstbewusst.


„Wenn ich in meinem Bild bin, bin ich mir nicht bewußt, was ich tue.
Erst nach einer Periode des Vertrautwerdens sehe ich, was ich gemacht habe.“    
Jackson Pollock

Die Private Art Boxes haben auch lexikalischen Charakter.
Die Motive sind in verschiedenen Malstilen entstanden, welche Karin Angerer
in den vergangenen zehn Jahren entwickelt und angewandt hat.
Das Besondere, Allgemeingültige aber, der künstlerische Impetus lässt sich
anhand weniger Merksätze beschreiben.

Erstens. Das Einzigartige, das eine dreidimensionale Kunst zu leisten vermag,
ist die Revitalisierung des Raumes. Ein Waldstück im Goldrahmen verweist
auf die Idee von Wald. Es soll ein Fenster sein.
Die Boxen, die per se bildhauerisch dreidimensional begegnen und auch so
gemeint sind, verweisen einmal auf die Idee der räumlichen Arbeit,
sind aber gleichzeitig nicht gegenständlich, nicht naturalistisch, so wenig
wie gegenstandslos. Es wird öfter gefragt, was hinter einem Bild stecke.
Eigentlich befindet sich ja dort lediglich die nackte Wand.

Zweitens. Die Boxen kreisen um die Begriffe Material und Zeichen,
innen und außen.

Drittens. Zeichen tragen stets eine Bedeutung, sie sind zielgerichtet
auf einen Empfänger. Symbole sind Steigerungen von durch Übereinkunft
allgemein verständliche und gesetzmäßig wiederholbare Zeichen.

Das Rätsel der Sichtbarkeit in der Kunst besteht darin, dass ein Kunstwerk
etwas sichtbar macht, indem es aus dem Sichtbaren (dem Seh-Material)
schöpft und selbst zu einem Sichtbaren wird, das uns als etwas scheinbar
nie Gesehenes anrührt, fasziniert oder verschreckt.
Eine Tautologie? Ja, es bedeutet aber etwas zutiefst einfaches:
Von nichts kommt nichts. Und das bedeutet etwas hoch Komplexes.
Ein auf nichts als sich selbst verweisendes Bild (eines, das als konkret
eingeordnet wird zB), kann, so unverständlich es auch erscheinen mag,
nur entstanden sein aus etwas vorliegendem.

Wofür steht das Blattgold, das jede Box ziert?


„Man erfand Kleidung, um die Oberfläche zu bedecken und
das Innere zu entdecken.“     Andrzej Majewski

Dass es ein Außen und ein Innen der Private Art Boxes überhaupt gibt,
ist von Relevanz.
Denkt man über Majewskis Bonmot nach, so fasst es die zweigeteilte
Erbsünde zusammen, das Erlangen von Gott vorbehaltenem Wissen
(das es ja auch in der griechischen Mythologie gibt) und gleichzeitig
daraus die Befähigung des Menschen, Erkenntnis zu erlangen
(zusammengefasst und miniaturisiert darin, dass Mann und Frau
einander erkennen).
Auch darob machen die Sexszenen aus Figürchen großen Sinn –
und nicht nur großen Spaß.

Sich an ihren Großvater erinnernd möchte uns Karin Angerer
mit den Private Art Boxes gemahnen, dass wir Menschen das Paradies
verloren, ein sorgloses ewiges Leben verwirkt haben, aber dafür
etwas für das Menschengeschlecht weit Größeres und Einzigartigeres
erlangt haben: Erinnern und Träumen, Gedenken und Hoffen.


Mathias Beck
Juni 2023